Historische Wikinger-Stile

Das Wikingerzeitalter umfasst knapp 300 Jahre. In diesem Zeitraum entwickelten sich mehrere verschiedene Kunststile: Broa, Borre, Jelling, Mammen, Ringerike und Urnes-Stil. Sie alle sehen sehr unterschiedlich aus und haben sehr genaue stilistische Vorgaben.

Alle Tattoos, die einen dieser originalen wikingerzeitlichen Stile zeigen, bezeichnen wir als „Historisch“.

Im Folgenden eine Übersicht über die verschiedenen historischen Stile.

Broa

750–825 n. Chr.

Der älteste der Wikinger-Stile zeigt sehr abstrakt dargestellte Tiere, oft in einem geometrischen, verzierten Rahmen. Manchmal ist der vordere Teil des Tieres in einem anderen Rahmen als der hintere Teil, fast als ob man durch Fenster sehen würde. Häufig greifen die Tiere nach den Rahmen.

Die Extremitäten der Tiere entstehen durch halbrunde Ausschnitte im Hauptkörper und die sich daraus bildenden dünneren Bänder. Flegelhafte Verzierungen an den Knoten und Schleifen sind charakteristisch, auch teilen sich die Bänder häufig in mehrere auf oder vereinen sich sogar. Der Stil erscheint häufig auf den ersten Blick symmetrisch, da die grundlegenden Strukturen sich wiederholen. Sieht man jedoch genauer hin bemerkt man, dass es sich um komplett unterschiedliche Tiere handelt.

Borre

850–950 n. Chr.

Der Borre Stil unterscheidet sich am stärksten von allen anderen Wikinger-Kunststilen. Während die anderen Stile sehr organisch sind, ist der Borre-Stil von geometrischen Formen geprägt, auch Symmetrie ist häufig. Es gibt neben den seitlichen auch frontale Kopf-Ansichten. Die Knotenmuster sind sehr eng, es ist kein oder nur wenig Hintergrund zu sehen.

Motive sind in sich geschlossene Knotenbänder, einzelne Knoten und Tiere, deren Körper ebenfalls aus Knoten bestehen. Die einzelnen Bänder haben entweder einen oder zwei Mittelstriche.

Jelling

900–975 n. Chr.

Langgezogene, schlangenartige Tierkörper mit Extremitäten. Die Körper sind häufig gleichmäßig breit und mit einer doppelten Außenlinie und Ziermustern versehen. Die Bänder formen S-Schwünge und einfache Schleifen. Abzweigungen, außer für die Gliedmaßen, gibt es nicht. Hüftgelenke sind durch Spiralen dargestellt, aus denen die Beine entstehen.

Typisch ist die harmonische Verteilung der Bänder, sodass ein gleichmäßiger Eindruck entsteht. Das Knotenmuster ist weder eng noch weit, sondern liegt im mittleren Bereich, wodurch auch der Hintergrund sichtbar ist. Die Köpfe haben alle eine Art Oberlippenbart und einen Fortsatz am Kopf, meist sind die Augen rund, seltener mandelförmig. Symmetrien sind möglich.

Mammen

950–1025 n. Chr.

Breite Bänder, oft mit Mittelstrich. Lockeres, organisches Design ohne Symmetrie. Bänder können sich auf verschiedenste Arten aufteilen. Manche der Bänder haben eine doppelte Außenlinie, andere einen Mittelstrich, andere keins von beiden. Die Bänder haben zum Teil halbrunde Einkerbungen, die für Ecken und interessante Formen sorgen.

Motive: Tiere, meist Fleischfresser, Vögel, Schlangen, Masken und Pflanzen.

Zwischenräume sind häufig mit Kreisen aufgefüllt. Gelenke und andere Ursprungspunkte (z. B. ein Baumstamm) werden mit Spiralen dargestellt.

Ringerike

1000–1075 n. Chr.

Ringerike, der Rockstar unter den Wikinger-Stilen. Frei nach dem Motto: Es gibt nie zu viele Details! Wenn noch eine freie Fläche zu sehen ist, ist das Motiv noch nicht verspielt genug!

Die dargestellten Tiere haben oft einen pompösen, fächerartigen Kopfschmuck, Schweif oder Flügel. Auch in diesem Stil sind Gelenke mit Spiralen dargestellt. Häufig werden ein großes Tier und mehrere kleinere Schlangen zusammen gezeigt, wobei alle miteinander verwoben sind. Die einzelnen Bänder können sich auf diverse weitere Bänder verknoten und aufteilen. Meist gibt es ein prominentes Hauptmotiv, welches mit breiteren Bändern und Formen als die aus ihm herauswachsenden Verzierungen und die Nebenmotive arbeitet.

Urnes

1050–1125 n. Chr.

Der jüngste der wikingerzeitlichen Kunststile, und der heutzutage bekannteste. Die meisten Runensteine sind in dieser Art verziert. Er zeichnet sich durch bandartige Tier- und vereinzelte Pflanzenelemente aus. Die Proportionen sind extrem gestreckt, das Knotenwerk locker mit viel sichtbaren Hintergrund. Es kommen im Wesentlichen zwei unterschiedlich breite Bänder ohne Verzweigungen vor.

Alles in allem wirkt der Urnes-Stil sehr organisch und elegant. Viele der Motive machen einen symmetrischen Eindruck, sieht man jedoch genauer hin, so stellt man fest, dass sich die Knoten zwar ähneln, aber so gut wie nie gleich sind. Gelenke sind auch hier durch Spiralen dargestellt.